Gehört zu: Kosmologie
Siehe auch: Olbers, Flächenhelligkeit, Relativitätstheorie, Sternentwicklung
Stand: 12.12.2025
Das Olberssche Paradoxon
Warnung / Disclaimer
Diesen Blog-Artikel schreibe ich ausschließlich zu meiner persönlichen Dokumentation; quasi als mein elektronisches persönliches Notizbuch. Wenn es Andere nützlich finden, freue ich mich, übernehme aber keinerlei Garantie für die Richtigkeit bzw. die Fehlerfreiheit meiner Notizen. Insbesondere weise ich darauf hin, dass jeder, der diese meine Notizen nutzt, das auf eigene Gefahr tut. Wenn ich Produkteigenschaften beschreibe, sind dies ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen als Laie mit dem einen Gerät, welches ich bekommen habe.
Bekannt unter dem Namen “Olberssches Paradoxon” ist die Frage, warum der Nachthimmel nicht ganzflächig hell ist, sondern doch dunkel.
Youtube-Video von Karl-Heinz Lotze: https://youtu.be/0OO4zt2G7ZA?si=55MxsJM2nFt3hqZc
Diese Frage hat auch vor Olbers schon manche Köpfe bewegt, aber traditionell ist sie mit dem Namen “Olbers” verbunden.
Dahinter steckt ja die Überlegung, dass die Helligkeit einer Lichtquelle zwar mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, aber auch die Anzahl Sterne im Mittel mit dem Quadrat der Entfernung zunehmen müsste. Der Nachthimmel müssten also eigentlich eine gleichmäßig gr0ße Flächenhelligkeit haben.
Man macht bei dieser Überlegung impliziet eine Reihe von Annahmen: Z.B. Wenn die Sterne punkförmig wären, müsste der Nachthimmel unendlich hell sein. Schon Olbers schrieb auf, dass es aber “nur” die Sonnenhelligekeit sein könnte, da die Sterne nicht punktförmig seien, sondern Scheibchen, die die dahinterliedengen Sterne verdecken würden.
Zu den Effekten, die man noch berücksichtigen muss, gehören:
- Die endliche Brenndauer eines Sterns von, sagen wir mal 1010 Jahren wie bei der Sonne.
- Die endliche Geschwindigkeit des Lichts, die bedeutet, daß wir quasi in die Vergangenheit schauen.
Zusätzlich kämen noch Effekte aus der Relativitätstheorie dazu; z.B. die Kosmologische Rotverschiebung u.a.
Der Wald als Analogon
Wir alle kennen ja das sprichwörtliche Problem, daß man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen kann.
Annahmen:
Wir haben einen unendlich großen Wald.
Die “Anzahldichte” der Bäume (Anzahl Bäume pro Waldfläche) sei überall gleich.
Alle Bäume haben in Blickhöhe den gleichen Durchmesser von D.
Der Wald ist überall hell.
Alle diese Parameter mögen zeitlich gleichbleibend sein.
Frage:
Wie weit kann ich (unter diesen Annahmen) im Mittel schauen (bis mein Blick durch einen Baumstamm blockiert wird)?
Erste Berechnungen
Ein Baum möge eine Fläche von A (in Quadratmetern) für sich in anspruch nehmen. Dann wäre die “Anzahldichte” also:
\( \Large \rho = \frac{1}{A}\\\)und die Anzahl Bäume n auf einer Fläche a wäre dann:
\( \Large n = \rho \cdot a = \frac{a}{A} \\\)Nehmen wir nun einen (infenitesimal) dünnen Kreisring (Breite dr) im Anstand r vom Beobachter, so hat dieser Kreisring die Fläche
\( \Large da = 2 \pi r dr \\\)und damit hätten wir in diesem (infinitesimalen) Kreisring als Anzahl Bäume:
\( \Large dn = \rho \cdot da = 2 \pi r \frac{1}{A} dr \\\)Diese Bäume blockieren den Blick durch diesen Kreisring auf einer Bogenlänge von:
\( \Large Bogenlänge = dn \cdot D = 2 \pi r \frac{D}{A} dr \\\)Damit ist der Blockier-Winkel (Bogenlänge/Radius):
\( \Large Winkel = 2 \pi \frac{D}{A} dr \\\)Der gesamte Kreisring hat einen Winkel von 2 π; d.h. es wird durch die Bäume des Kreisrings folgender Bruchteil blockiert:
\( \Large Bruchteil = \frac{D}{A} dr \\\)Die maximale Blicktiefe rmax ergibt sich dann (nach einigem Rechnen, was hier eine Beweis-Lücke ergibt) zu:
\( \Large r_{max} = \frac{A}{D}\\\)Beispiel:
Unser unendlicher Wald sei beschrieben durch D = 0,5 m, A = 100 m2. Dann wäre die maximale Blicktiefe eines Beobachters im Wald:
\( \Large r_{max} = \frac{100 m^2}{0,5 m} = 200 m\)Blicktiefe im Kosmos
Wir übertragen die zwei-dimentionale Waldwelt nun auf den dreidimensionalen Kosmos.
Wir nehmen wieder an, dass alle Objekte im Kosmos gleich groß sind und gleichmäßig bis ins Unendliche verteilt sind.
Der Querschnittsfläche eines Objekts sei \(\Large\sigma\).
Die Anzahl-Dichte ρ sei 1 Objekt im Volumen V.
Dann haben wir als maximale Blicktiefe:
\(\Large r_{max} = \frac{V}{\sigma} \\ \)Die Querschnittsfläche der Sonne lässt sich leicht berechnen:
\( \Large \sigma = \pi \cdot R_\odot^2 = 3.1415 \cdot 696342^2 km^2 = 1.523 \cdot 10^{12} km^2 \\ \)Bei der Ermittlung der Dichte gehen wir davon aus, das Objekte von der gleichen Dichte wie der Sonnendichte gebildet werden sollen; also
\( \Large Sonnendichte = 1.4 \, g \, cm^{-3} \\\)und dass die Masse dieser Objekte aus der vorhandenen Materie im Kosmos, also 1 Proton pro Kubikmeter, gebildet wird, also:
\( \Large Kosmosdichte = 1.67 \cdot 10^{-27} kg \, m^{-3} = 1.67 \cdot 10^{-30} g \, cm^{-3}\\\)Das “beanspruchte” Kosmosvolumen für einen Stern V ergibt sich also zu:
\(\Large V = \frac{1.4 \, g \, cm^{-3}}{1.67 \cdot 10^{-30} g \, cm^{-3}} V_\odot = 0.8383 \cdot 10^{30} \cdot V_\odot \\\)Dabei errechnet sich das Sonnenvolumen als:
\( \Large V_\odot = \frac{4}{3} \pi R^3_\odot = \frac{4}{3} \, 3.1415 \cdot 696342^3 km^3 = 1.41 \cdot 10^{18} km^3\\\)und damit erhalten wir
\( \Large V = 0.8383 \cdot 1.41 \cdot 10^{48} km^3 = 1.18 \cdot 10^{48} km^3 \\\)Damit ist die maximale Blicktiefe in diesem Kosmos:
\(\Large r_{max} = \frac{1.18 \, 10^{48} km^3}{1.523 \cdot 10^{12} km^2} = 7.748 \cdot 10^{35} km\\\)oder in Lichtjahren (Lj):
\(\Large r_{max} = \frac{7.748 \cdot 10^{35}}{9.461 \cdot 10^{12}} Lj = 8.189 \cdot 10^{22} Lj \\\)Was stimmt da nicht?
Wir haben eine Reihe von vereinfachenden Annahmen gemacht:
- Unendlicher Kosmos mit gleichmäßig verteilten leuchtenden Objekten (Sterne, Galaxien,…)
- Unendliche Leuchtzeit der Objekte
- Euklidischer Raum (also keine Raumkrümmung)
- Keine Expansion des Universums
- Keine kosmische Rotverschiebung
- Keine Lichtabsorption im Raum zwischen den leuchtenden Objekten
Die von uns so also grob abgeschätzte maximale Blicktiefe ist so gewaltig groß, dass “kleinere” Veränderungen nichts am Ergebnis (dunkler Himmel) ändern würden. Aber zwei wesentliche Korrekturen müssen wir doch vornehmen:
Korrektur 1: Brenndauer der Sterne
Die Brenndauer eines Sterns kann nicht unendlich sein, den seine Brenn-Energie ist endlich.
Wenn wir eine durchschnittliche Brenndauer von 1010 Jahren annehmen, werden wir bei einer Blicktiefe von 1023 Lichtjahren nur wenige tatsächlich leuchtende Sterne auf einem Sehstrahl haben.
Korrektur 2: Alter des Universums
Wenn man die Expansion des Universums zurückrechnet, muss es einen Anfang gegeben haben. Man beziffert das Alter des Universums auf ca. 13.8 109 Jahre.
Damit kann das Licht von Sternen, die mehr als 13.8 109 Lichtjahre entfernt von uns sind, bei uns noch gar nicht angekommen sein. Wir haben da so eine Art Horizont, an dem leuchtende Objekte auftauchen, während näher bei uns einige Objekte wieder verlöschen, weil deren Brenndauer abgelaufen ist.




